Führungsstil
Führen Sie mit Stil
Haben Sie sich schon einmal überlegt, welchen Führungsstil Sie haben? Oder noch wichtiger: Wie Sie von Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wahrgenommen werden? Eher als der autoritäre Machtmensch, der auch einmal mit einem „Basta“ entscheidungsfreudig die Richtung vorgibt? Und dabei von dem einen Mitarbeiter als autoritärer Vorgesetzter, vom Kollegen jedoch als Führungskraft mit Autorität bezeichnet wird.
Oder doch vornehmlich als der kooperative Begleiter, der seine Leute partnerschaftlich führt und eigenständige Entscheidungen von ihnen erwartet? Allerdings: Während sich ein Mitarbeiter darüber freut, eigene Entscheidungen fällen zu dürfen, fühlt sich der andere durch das Zuviel an Freiheit überfordert. Er liebt die „klare Ansage“.
Sie sehen: DEN allein selig machenden Führungsstil, den man immer und jederzeit leben sollte, gibt es nicht. Entscheidend ist stets, mit welchen Mitarbeitern Sie arbeiten und in welcher Situation zum Beispiel schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen. Auch beim Führungsstil gibt es den „Stein der Weisen“ nicht. Und darum ist Führen anstrengend und stellt eine ständige Herausforderung dar.
Unser Vorschlag: Sie sollten über ein breites Repertoire an Führungsstilen – oder besser: Führungstechniken – verfügen und nicht nur den Ihnen „angeborenen“ Führungsstil leben, sondern flexibel auf Situation und individuellen Mitarbeiter reagieren können.
Stellen Sie fest, zu welchem Führungsstil Sie tendieren
Ein „Führungsstil“ wird definiert als die beständige Verhaltenstendenz, die Sie unabhängig von der jeweiligen Situation an den Tag legen. Auch Ihre Mitarbeiterführung ist demnach zumindest zum Teil typabhängig. Aber welche Führungsstile gibt es überhaupt?
Aufgaben- und Menschenorientierung: Grundlegende Führungsstile
Aus der Beantwortung der Frage, ob Sie glauben,
- Menschen müssten grundsätzlich angeleitet und kontrollierend geführt werden, weil sie ansonsten versuchten, eigenständiges Arbeiten und Handeln zu vermeiden, oder
- Menschen wollten ihre Fähigkeiten zum Wohle des Unternehmens einsetzen und aktiv Verantwortung übernehmen,
leiten sich drei Führungsstile ab.
Möglichkeit 1: Sie führen hierarchisch und autoritär
Führen Sie Mitarbeiter am liebsten durch feste Regeln und strikte Anweisungen? Weil Sie wünschen, dass Aufgaben sauber erledigt und konkrete Ergebnisse erzielt werden? Dann tendieren Sie zum hierarchischen Führungsstil.
Das kann zu einem funktionierenden Arbeitsalltag führen, hat allerdings den Nachteil, dass die Menschen oft kein Vertrauen zueinander aufbauen. Sie verfolgen ihre eigenen Interessen und sind bemüht, Fehler zu vermeiden. Sie erscheinen den Mitarbeitern als übermächtiger Vorgesetzter, den zu kritisieren fast schon einem Sakrileg gleich kommt.
Möglichkeit 2: Sie führen demokratisch und kooperativ
Räumen Sie Ihren Mitarbeitern Freiräume ein? Setzen Sie auf kooperative Partnerschaftlichkeit? Vertrauen Sie darauf, dass sie eigenständige Problemlösungen umsetzen? Dann bevorzugen Sie den demokratischen Führungsstil.
Der Vorteil: Die Mitarbeiter können sich auch menschlich weiterentwickeln und bauen häufig gute Beziehungen untereinander auf. Dafür muss die demokratische Führungskraft mit dem Risiko leben, dass eingeräumte Freiheiten ausgenutzt und Entscheidungsprozesse unnötig in die Länge gezogen werden.
Möglichkeit 3: Ist Ihr Führungsstil „Laissez-faire“
Wenn die Mitarbeiter ein Höchstmaß an Entscheidungsfreiheit nutzen können und der Aspekt der Selbstverwirklichung am Arbeitsplatz in den Vordergrund rückt, sprechen wir vom Laissez-faire-Führungsstil. Dies bedeutet: „einfach laufen lassen“. Größter Nachteil: Das Nichtvorhandensein fester Regeln erschwert geordnete Arbeitsabläufe.
Erarbeiten Sie sich Alternativen
Jeder Führungsstil hat Vor- und Nachteile. Wenn Sie Ihren Führungsstil kennen, können Sie besser beurteilen, über welche Stärken und Schwächen Sie verfügen. Fragen Sie auch Ihre Mitarbeiter und Ihre Führungskollegen, wie Sie sie einschätzen.
Sobald Sie wissen, welcher Führungsstil Ihnen in die Führungswiege gelegt worden ist, sollten Sie an der Flexibilisierung Ihres Führungsstils arbeiten, um über mehrere Reaktions- und Handlungsmöglichkeiten zu verfügen – dazu später mehr.
Wie geben Sie sich privat?
Eine Methode, dem persönlichen Führungsstil auf die Spur zu kommen, ist, die Familie – Partner, Kinder, Eltern – zu befragen. Denn im Privatbereich gibt man sich eher so, „wie man wirklich ist“. Besonders ergiebig ist die Beurteilung durch die Eltern – sie kennen Sie als Kind. Also – fragen Sie Be- und Verwandte, wie sie Sie einschätzen:
- Wie verhalten Sie sich unter Stress?
- Wie reagieren Sie in Konfliktsituationen?
- Wie bewältigen Sie schwierige Entscheidungsprozesse?
Zitat
„Die Art und Weise, mit der das Management die Mitarbeiter behandelt, ist genau die gleiche wie die, mit der die Mitarbeiter die Kunden behandeln.“
Sam M. Walton (1918-1992)
Frage an SIE: Was bedeutet dies für Ihren Führungsstil?
Zum Nachdenken
Genügt es nicht, den „angeborenen“ Führungsstil zu pflegen? Bedenken Sie: Sie werden jeden Tag mit verschiedenen Führungssituationen konfrontiert. Würden Sie über lediglich eine Führungsstrategie verfügen, könnten Sie nur selten angemessen reagieren.
Erarbeiten Sie sich Optionen zu Ihrem Führungsstil
Passen Sie Ihren Führungsstil der Situation und dem Mitarbeiter an, mit dem Sie sich in einer Führungssituation befinden. Beachten Sie die folgenden Führungsgrundsätze.
Führungsgrundsatz 1: Verbiegen Sie sich nicht
Es gilt, eine schmale Gratwanderung zu bewältigen: Sie sollten Ihr Führungsrepertoire durchaus erweitern, aber trotzdem dabei authentisch bleiben. Die Basta-Führungskraft, die plötzlich auf Schmusekurs geht, wirkt ebenso unglaubwürdig wie der „Einfach laufen lassen“-Chef, der heute mal kräftig auf den Tisch haut.
Vermeiden Sie also „Extremabweichungen“ von Ihrem dominierenden Führungsstil. Dennoch gibt es Situationen, in denen Sie ein wenig von diesem abweichen müssen.
Führungsgrundsatz 2: Berücksichtigen Sie Situation und Aufgabe
Autoritären Chefs, die Wert auf Disziplin legen, mit Anordnungen führen und zeitraubende Diskussionen verabscheuen, wird es schwer fallen, in bestimmten Situationen angemessen zu reagieren. Wenn die Mitarbeiter etwa eine Teamaufgabe in Eigenverantwortung erledigen sollen, ist autoritäres Gehabe kontraproduktiv.
Umgekehrt: Die Führungskraft, die den Mitarbeitern ansonsten große Freiheiten lässt und Entscheidungen im Konsens mit ihnen verabschiedet, hat ein Problem, wenn sie eine rasche Entscheidung fällen muss und darum eine knallharte Arbeitsanweisung verordnet.
Führungsgrundsatz 3: Beachten Sie, wen Sie führen
Der Entwicklungsgrad Ihres Mitarbeiters entscheidet ebenfalls darüber, ob und welche Nuancenverschiebung Sie in Ihrem Führungsverhalten vornehmen sollten. Der langjährigen „rechten Hand“ können Sie andere Entscheidungsbefugnisse einräumen als dem „Jungspund“ und Nachwuchsführungskraft. Hier müssen Sie wahrscheinlich des Öfteren mit Arbeitsanweisungen führen.
Führungsgrundsatz 4: Fokussieren Sie mal den Mitarbeiter, mal die Aufgabe
Es gibt Führungskontexte, in denen die Mitarbeiterorientierung und -entwicklung in den Vordergrund rückt und der demokratische Führungsstil Anwendung finden sollte. Der konsensorientierte Führungsstil ist angesagt, wenn Sie tief greifende Veränderungen planen. Ordnen Sie diese Veränderungen „von oben herab“ an, besteht die Gefahr, dass sich die Mitarbeiter verweigern.
Kommt es hingegen darauf an, eine bestimmte Aufgabe zu einem erfolgreichen Ende zu führen, gewinnt der autoritäre Zugang zum Mitarbeiter an Gewicht. Die Mitarbeiter müssen eindeutig wissen, bis wann was in welchem Umfang zu erledigen ist.
Führungsgrundsatz 5: Bleiben Sie flexibel
Führen ist die Fähigkeit, sich angemessen auf dem Parkett zu bewegen, das vom situativen Kontext und jeweiligen Mitarbeiter bestimmt wird. Entscheidend ist nicht die Beherrschung Ihres „Lieblings-Führungsstil“, sondern eines Repertoires, das Sie situations- und personenabhängig einsetzen.
Es gibt mehrere Führungsstil-Modelle
Die Führungsstilforschung unterscheidet verschiedene Modelle, die dem Dreiklang „autoritär, demokratisch, Laissez-faire“ aber eng verwandt sind – zwei Beispiele:
- Unterscheidung in integrationsorientierten, zielorientierten, mitarbeiterorientierten und verfahrensorientierten Führungsstil
- Führungskraft als: Experte, Beschützer, Förderer, Innovator
Tipp: Autoritär oder mit Autorität
Wenn Sie zu dem Ergebnis gelangen, eher autoritär zu führen, sollten Sie prüfen, ob Sie ein Chef mit Autorität oder ein autoritärer Vorgesetzter sind:
- Wer Autorität hat, dem ist sie verliehen worden oder er hat sie sich angeeignet.
- Ein Chef mit Autorität hingegen ist dies aufgrund seiner Wesensmerkmale. So kann er Mitarbeiter durch seine Persönlichkeit davon zu überzeugen, dass eine schmerzvolle Veränderung unumgänglich ist.
- Das Ideal ist eine Führungskraft, die mit Autorität führt, ohne autoritär zu sein.
Noch mal: Zum Nachdenken
„Das meiste, was wir als Führung bezeichnen, besteht darin, den Mitarbeitern die Arbeit zu erschweren.“
Peter Ferdinand Drucker
Claus Lorenzen und Patric P. Kutscher